Das Thema Stoffwechsel beschäftigt viele von uns, besonders wenn die ‚magische‘ Marke von 50 Jahren überschritten wird. Aber was passiert eigentlich in unserem Körper, und wie können wir unseren Stoffwechsel auch im Alter aktiv unterstützen? Um diese und weitere brennende Fragen zu klären, haben wir uns an einen echten Experten gewandt: Prof. Dr. Ingo Froböse, Sportwissenschaftler und Autor des Bestsellers ‚Der Stoffwechsel-Kompass – was uns in der zweiten Lebenshälfte fit, schlank und wach hält‘. In unserem exklusiven Interview teilt er sein fundiertes Wissen mit uns. Von der Bedeutung des Stoffwechsels über die Risiken von Fehlernährung bis hin zu konkreten Tipps für mehr körperliche Aktivität – dieses Gespräch lässt keine Frage offen. Bereite dich also darauf vor, tief in die Geheimnisse des Stoffwechsels einzutauchen und wertvolle Erkenntnisse für dein eigenes Wohlbefinden zu gewinnen.
Claas Krüger: Heute sprechen wir über das Thema Stoffwechsel, insbesondere was der Stoffwechsel ab dem 50. Lebensjahr benötigt. Unser Gast ist Sportwissenschaftler Prof. Dr. Ingo Froböse. Er ist Professor an der Deutschen Sporthochschule in Köln und leitet dort das Institut für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation. Zudem ist er Autor zahlreicher Bücher, darunter das neue Buch „Der Stoffwechselkompass“, und ein anerkannter Experte in den Bereichen Sport, Ernährung, Prävention und Rehabilitation. Herr Professor Froböse, vielen herzlichen Dank für Ihre Zeit.
Prof. Dr. Ingo Froböse: Ich freue mich auch sehr, hier zu sein. Zum Thema Stoffwechsel: Viele Menschen wissen viel zu wenig darüber. Alle unsere biologischen Prozesse basieren letztlich auf dem Stoffwechsel. Das betrifft unser Haar- und Nagelwachstum, die Versorgung jeder biochemischen Zelle mit Energie und die Aufrechterhaltung unserer Körpertemperatur von 36,6 Grad.
Claas Krüger: Sie haben in Ihrem Buch viele Beispiele gebracht. Könnten Sie das weiter ausführen?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Natürlich. Wir haben 60 Billionen Zellen im Körper, und jeden Tag werden fast 600 Milliarden Zellen repariert, umgebaut und neu gebaut. Diese Leistung ist beeindruckend. Auch unsere Mitochondrien, die Kraftwerke der Zellen, sind enorm wichtig. Sie produzieren die Energie, die wir für alle biologischen Prozesse benötigen.
Claas Krüger: Und wie können wir unseren Stoffwechsel beeinflussen?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Unser Lebensstil hat einen großen Einfluss darauf. Reinigungsprozesse in den Zellen sind wichtig. Wenn diese nicht ausreichend stattfinden, kann das zu entzündlichen Reaktionen und vorzeitigem Zelltod führen.
Claas Krüger: Warum wird der Stoffwechsel in der zweiten Lebenshälfte besonders wichtig?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Je älter wir werden, desto mehr müssen wir renovieren und reparieren. Ab dem 50. Lebensjahr sind wir selbst dafür verantwortlich, unseren Stoffwechsel im Blick zu behalten. Wir sollten die Funktion des Stoffwechsels erhalten, denn sie wird mit zunehmendem Alter immer wichtiger.
Claas Krüger: Ich finde es sympathisch, dass Sie die zweite Lebenshälfte ab dem 50. Lebensjahr hervorheben. Welche Faktoren sollten wir besonders beachten, damit die Zellalterung minimiert wird?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Der Lebensstil spielt eine entscheidende Rolle. Das bedeutet, wir sollten schädliche Einflüsse wie Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum meiden. Zudem ist es wichtig, dem Körper die benötigten Nähr- und Vitalstoffe zu geben.
Claas Krüger: Was können wir noch tun?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Körperliche Aktivität ist das dritte wichtige Element. Es geht darum, die Körperzusammensetzung zu erhalten. Wenn wir uns zu wenig bewegen, kommt es zu einem Missverhältnis zwischen aktiven und weniger aktiven Zellen. Das hat Auswirkungen auf unsere hormonelle Balance, die viele Menschen fälschlich den Wechseljahren zuschreiben. Daher ist es wichtig, unsere Muskelmasse zu erhalten.
Claas Krüger: Gibt es weitere Faktoren?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Ja, der nächste wichtige Punkt ist die Flüssigkeitszufuhr. Ausreichend Wasser ist entscheidend für die Zellversorgung und die Funktionalität jedes Organsystems. Ein weiterer Aspekt ist die Ernährungsweise. Es ist besser, Pausen beim Essen einzulegen, um den Stoffwechsel nicht ständig zu belasten und metabolische Balance zu halten.
Claas Krüger: Und der letzte Punkt?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Der letzte Punkt ist, im Einklang mit dem eigenen Biorhythmus zu leben. Vermeiden Sie es, die Nacht zum Tag zu machen, besonders wenn Sie Schichtarbeit haben. Unser Körper ist durch das natürliche Licht getaktet, und das sollte respektiert werden.
Claas Krüger: Sie haben viele Risikofaktoren aufgezählt, die unser Körper in der Jugend noch gut verkraften kann. Mit fortschreitendem Alter werden diese jedoch immer wichtiger. Gibt es bestimmte Dinge, auf die wir besonders achten sollten?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Ja, einerseits ist ausreichende Flüssigkeitszufuhr wichtig. Andererseits spielen auch Bewegung und die Vermeidung von Umweltgiften eine Rolle. Hinzu kommt die qualitativ hochwertige Ernährung. Mit dem Alter können sich schlechte Gewohnheiten rächen, etwa zu wenig Bewegung oder Flüssigkeitsaufnahme.
Claas Krüger: Können solche Gewohnheiten zu einer Negativspirale führen?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Absolut. Wenn wir unseren Stoffwechsel nicht ausreichend versorgen, kommt es zu Problemen. Ich habe einmal eine Dame betreut, deren Stoffwechselumsatz nur noch bei 880 Kilokalorien lag. Das war das Resultat jahrelanger Diäten.
Claas Krüger: Wie kommt es dazu?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Sie hat ihren Körper ständig in einen Zustand der Hungersnot versetzt. Das führt dazu, dass der Körper bestimmte Funktionen herunterfährt und sich die Körperkomposition ändert. Symptome wie Müdigkeit und brüchige Nägel sind nur die äußeren Anzeichen.
Claas Krüger: Und was passiert auf zellulärer Ebene?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Der Körper fährt alle anderen Funktionen herunter, um die Vitalfunktionen für Herz, Leber, Niere und Gehirn aufrechtzuerhalten. Dadurch verlangsamt sich unser Stoffwechsel.
Claas Krüger: Was ist mit der Ernährung?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Viele Menschen essen entweder zu viel oder zu wenig. Das Problem ist nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität der Nahrung. Wenn wir fast nur energiereiche Lebensmittel zu uns nehmen und keine Vitalstoffe, dann sind wir auf dem falschen Weg.
Claas Krüger: Was ist die Lösung?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Der Stoffwechsel ist wie ein Fingerabdruck, hoch individuell. Aber das Schöne ist, man kann ihn wieder aktivieren und aus einem tiefen Tal herauskommen.
Claas Krüger: Sie haben angesprochen, dass es nicht nur um die Quantität und Qualität der Nahrung geht, sondern auch um die Bewegung. Können Sie das weiter ausführen?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Natürlich. Ein großer Fehler im Gewichtsmanagement ist, dass wir uns meist nur auf die Fettmasse konzentrieren. Wenn wir weniger Kalorien zu uns nehmen, reduziert der Körper die aktive Zellmasse und nicht die Fettmasse. Dadurch verschlechtert sich die Qualität des Stoffwechsels.
Claas Krüger: Also sollten wir uns nicht auf die Fettmasse konzentrieren?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Genau, lassen Sie die Fettmasse sein und konzentrieren Sie sich stattdessen auf den Aufbau aktiver Zellmasse. Das ist die eigentliche Aufgabe, um den Stoffwechsel gesund zu halten.
Claas Krüger: Und wie sieht das konkret aus?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Es gibt schlanke und übergewichtige Menschen, die metabolisch ungesund sind. Bei beiden ist das Verhältnis von Fettmasse zu aktiver Zellmasse unausgewogen. Für beide Gruppen ist es wichtig, die aktive Zellmasse zu erhöhen. Und das erreicht man durch Training, genauer gesagt durch Muskeltraining.
Claas Krüger: Gibt es dafür bestimmte Faktoren?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Ja, es gibt drei Faktoren. Der erste ist, sich im Alltag so viel wie möglich zu bewegen und Inaktivität zu vermeiden. Der zweite ist das Trainieren der Mitochondrien durch regelmäßiges Ausdauertraining. Der dritte ist der Aufbau von Muskelmasse.
Claas Krüger: Wie können ältere Menschen ihre Mitochondrien trainieren?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Sie sollten auf Alltagsaktivität, Ausdauertraining und Muskeltraining setzen. Das Ziel ist es, den Stoffwechsel in Bezug auf die körperliche Aktivität zu verbessern. Stellen Sie sich vor, Sie würden einen Trabi-Motor in einen Ferrari-Motor verwandeln.
Claas Krüger: Welche Empfehlungen haben Sie für ein Ausdauertraining?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Je länger und ruhiger das Ausdauertraining, desto besser. Mindestens dreimal die Woche sollten 45 bis 60 Minuten trainiert werden. Die Sportart spielt dabei keine Rolle, ob Walken, Radfahren oder Schwimmen. Wichtig ist die erhöhte Atemfrequenz und Sauerstoffaufnahme.
Claas Krüger: Und das wirkt sich auf die Leistungsfähigkeit aus?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Ja, durch das regelmäßige Training der Mitochondrien bleibt die Leistungsfähigkeit auf der zellulären Ebene hoch, auch im Alter.
Claas Krüger: Sie sprachen auch von der Bedeutung des Krafttrainings im Alter.
Prof. Dr. Ingo Froböse: Genau, im Alter nehmen sowohl die Muskelkraft als auch das Muskelvolumen ab. Es ist wichtig, diese Verluste entgegenzuwirken, um den Stoffwechsel auf einem hohen Niveau zu halten.
Claas Krüger: Und wie erreicht man das?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Nicht durch leichte Gymnastik, sondern durch intensives Muskeltraining. Die Muskeln müssen energetisch ausgelastet werden, um zu wachsen. Gerade im Alter sollte die Belastungsintensität bei Muskeltraining erhöht werden.
Claas Krüger: Können Sie das metabolische Syndrom kurz erläutern?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Das metabolische Syndrom ist eine Wohlstandserkrankung. Es setzt sich aus Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung, Zuckerstoffwechselstörung und Übergewicht zusammen. Diese Kombination führt oft zu einer Erhöhung des gefährlichen Bauchfetts, wo negative hormonelle Prozesse stattfinden.
Claas Krüger: Und wie kann man dem entgegenwirken?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Das beste Mittel ist körperliche Aktivität. Sie ermöglicht es, die Leistungsfähigkeit jeder einzelnen Zellstruktur zu erhalten.
Claas Krüger: Also hat man das in der eigenen Hand?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Genau, mehr als 90% unseres Stoffwechsels können wir selbst beeinflussen.
Claas Krüger: Sie haben ein Buch über dieses Thema geschrieben?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Ja, „Der Stoffwechsel-Kompass“ soll informieren. Ein Nachfolgebuch wird konkrete Handlungsanweisungen geben.
Claas Krüger: Was sind die Kernpunkte für einen gesunden Stoffwechsel?
Prof. Dr. Ingo Froböse: Bewegung, gesunde Ernährung, ausreichendes Trinken und viel Schlaf.
Claas Krüger: Vielen Dank für dieses aufschlussreiche Gespräch.
Prof. Dr. Ingo Froböse: Ich danke Ihnen. Das Wichtigste ist, dass wir unseren Stoffwechsel selbst in der Hand haben.
Über den Experten
Prof. Dr. Ingo Froböse ist ein renommierter Sportwissenschaftler und Autor. Er leitet das Institut für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation an der Deutschen Sporthochschule in Köln. Als anerkannter Experte in den Bereichen Sport, Ernährung, Prävention und Rehabilitation hat er das Buch „Der Stoffwechsel-Kompass – was uns in der zweiten Lebenshälfte fit, schlank und wach hält“ verfasst, welches als Grundlage für viele Diskussionen und Forschungen zum Thema Stoffwechsel dient.
Wir sind stolz darauf, dass Prof. Froböse auch ein wichtiger Teil unseres Online-Gesundheitskongress 2023 war.